Betrachten wir doch mal das Begleiten in der Musik. Emma, eine junge Sängerin, hat ein Lied ausgewählt, das sie singen möchte. Sie gibt die Tonlage vor und auch das Tempo. Sie entscheidet sich auch für einen bestimmten Ausdruck. Mike, der Keyboardspieler, begleitet sie. Er passt sich an. Er spielt in Emmas Tonlage, prescht nicht voraus und hängt nicht hinterher. Das erfordert von Mike Aufmerksamkeit und Einfühlungsvermögen. Er nimmt sich und seine Interessen zurück, um Emmas Gesang zu stützen, um sie zu begleiten. Mike nimmt Emma wahr, er spielt an ihrer Seite und er macht es gerne. Mike weiß, dass er sein Instrument beherrscht und dass er Emma nichts beweisen muss.
Übertragen wir die musikalische Begleitung auf eine Sterbesituation, dann bedeutet das, dass die Ehrenamtlichen die Situation der Sterbenden wahrnehmen und sich darauf einstellen. Sie erspüren die Bedürfnisse und respektieren sie. Sie sind präsent, begegnen den Sterbenden wertschätzend, schenken Nähe, Unterstützung und Zuwendung. Sie begegnen und erreichen die Sterbenden dort, wo sie sich gerade befinden. Und das bezieht sich sowohl auf ihre räumliche als auch ihre psychische Situation.
Erich Rühlmann
Wenn alles in der hospizlichen Begleitung getan und gesagt worden ist, dann sind es gerade die Momente der Ruhe und Stille, die Erich besonders berühren. Wenn zwischen ihm und dem Schwerstkranken eine Verbindung entsteht, ausgelöst durch das Halten der Hände oder auch nur durch seine bloße Anwesenheit. Anfangs fiel es Erich manchmal schwer, diese Stille auszuhalten, dem Drang etwas tun zu müssen, zu widerstehen. Inzwischen empfindet er diese Momente der Nähe und Vertrautheit, in denen beide innerlich ganz zur Ruhe kommen, als zeitlos, friedvoll und erhaben.
Nach seinem Berufsleben beschloss Erich, sich ehrenamtlich zu engagieren. Aber warum entschied er sich gerade für die Hospizarbeit? Jahre zuvor war er in einem Krankenhaus einer Ordensschwester begegnet, die bescheiden und gut gelaunt von ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit beim Hospiz berichtete. Bis zu dem Tag hatte sich Erich noch nicht wirklich mit den Themen Sterben und Tod beschäftigt. Nun war er so beeindruckt von dem Selbstverständnis und der positiven Energie der Ordensschwester, dass er sie zum Vorbild nahm.
Durch die ehrenamtliche Begleitung Sterbender fällt es Erich inzwischen leichter, mit der eigenen Endlichkeit umzugehen.